Publikationen von Traudel Blecher

Der Begriff des minus im Werkvertragsrecht und Das funktionsuntaugliche Werk von Traudel Blecher

Der Begriff des minus im Werkvertragsrecht

von Traudel Blecher

Im Kaufrecht behandelte die Rechtsprechung[1] grundsätzlich das Fehlen einzelner Stücke, die als zusammengehörend verkauft wurden, eine Sachgesamtheit bilden oder als Hauptsache und Zubehör verbunden waren, als teilweise Nichterfüllung und wandte die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts an. Zur Begründung wurde angeführt, es gehe bei Fehlen von verkauften Sachen nicht darum, dass das vom Verkäufer Erbrachte in seiner Beschaffenheit von dem vereinbarten abweiche, sondern darum, dass die Erfüllung auf einen Teil beschränkt werde und hinsichtlich der fehlenden Teile schon gar keine Leistungshandlung vorgenommen worden sei.[2] Ebenso entspreche dies der Interessenlage des Käufers, der primär ein Interesse an der Lieferung aller Teile, also an vollständiger Erfüllung, habe. Eine Behandlung der Nichtlieferung vorhandener Teile als Mangel widerspreche diesem Interesse, denn im Rahmen der §§ 459 ff. BGB a.F. bestehe kein Anspruch auf Beseitigung des Mangels, sondern nur das Recht auf Wandelung oder Minderung. Stufe man diesen Fall als teilweise Nichterfüllung ein, so könne der Käufer die noch ausstehende Leistung erzwingen.[3]

Diese klare Abgrenzung zwischen Sachmangel und teilweiser Nichterfüllung danach, ob sich der Vertragsgegenstand nach den Maßstäbe der § 90 ff. BGB als Sacheinheit oder als Sachmehrheit präsentierte, konnte auf das Werkvertragsrecht nicht eins zu eins übertragen werden. Der Werkvertrag ist nicht auf die Übereignung einer bereits hergestellten Sache, sondern auf die Herstellung eines Werkes gerichtet, das auch unkörperlich sein kann.

Im Werkvertragsrechts finden sich nur wenige Entscheidungen[4], die sich mit dieser Thematik befassen:

Zum einen wandte die Rechtsprechung[5] wiederholt bei Unterschreiten der vereinbarten Wohnfläche Gewährleistungsrecht an, ohne jedoch die Frage einer eventuellen teilweisen Nichterfüllung überhaupt aufzuwerfen. Damit wurden ebenso wie im Kaufrecht Größenabweichungen als Sachmangel behandelt.

Zum anderen wurde in jüngerer Zeit vom BGH[6] folgender Fall entschieden: Ein Unternehmer wurde mit der Inspektion einer Kanalstrecke mit einer Kamera beauftragt. Die Inspektion umfasste auch die Strecke zwischen den Schächten 4 und 5. Der Unternehmer führte die Untersuchung durch, brach sie jedoch bereits vor Schacht 5 ab. Zwischen der Abbruchstelle und Schacht 5 mündete ein Anschluss eines Anwesens in den Kanal, der bei der Untersuchung unbemerkt blieb. Beim Füllen der Kanalstrecke entstand über diesen Anschluss an dem Haus ein Schaden. Während das Berufungsgericht von einer „teilweisen Nichterfüllung des Vertrages“ ausging, nahm der BGH eine „Schlechterfüllung der Hauptleistungspflicht“ an und stufte die teilweise Nichtausführung der Inspektion – allerdings ohne nähere Begründung – als Mangel ein. Die unterschiedliche Bewertung dieses Falles durch das Berufungsgericht und den BGH zeigt, wie schwer es in den übrigen Fällen der Mankoleistung, insbesondere bei unkörperlichen Werken, fiel, teilweise Nichterfüllung und Sachmangel voneinander abzugrenzen.


[1] BGH NJW 1988, S. 204 (205); NJW 1988, S. 2465 (2467 f.); NJW-RR 1990, S. 1462 (1465); NJW 1991, S. 2135 (2137); NJW 1992, S. 3224 (3225); NJW 1993, S. 461 (462 f.); NJW 1993, S. 2436 (2438); NJW 2000, S. 1415 (1416)

[2] BGH NJW 1992, 3224 (3225)

[3] BGH NJW 1993, S. 461 (462); BGH NJW 1993, S. 2436 (2438)

[4] BGH NJW-RR 1999, S. 816 (816 f.); BGH NJW 1997, S. 2874 (2874 f.); OLG Celle BauR 1998, S. 805 (805 f.); OLG Hamm BauR 1993, S. 729 (729 ff.); BGH NJW 2002, S. 816 (816 f.)

[5] BGH NJW-RR 1999, S. 816 (816 f.); BGH NJW 1997, S. 2874 (2874 f.); OLG Celle BauR 1998, S. 805 (805 f.); OLG Hamm BauR 1993, S. 729 (729 ff.)

[6] BGH NJW 2002, S. 816 (816 f.)

Das funktionsuntaugliche Werk

Rechtsbeiträge von Traudel Blecher

Schwierigkeiten ergeben sich im neuen Recht bei der Frage, ob ein Werk mangelhaft ist, das den Beschaffenheitsvereinbarungen entspricht, aber zu dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch ungeeignet ist.

Der BGH[1] bejahte im alten Recht einen Sachmangel. Hatten die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart, mit der die Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht werden könne, dann sei dennoch ein funktionstaugliches Werk geschuldet. Die Leistung des Auftragnehmers sei nur vertragsgerecht, wenn sie die Beschaffenheit aufweise, die für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch erforderlich sei. An dieser für das Werkvertragsrecht typischen Erfolgshaftung ändere sich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart hätten. Hierbei konnte sich der BGH auch auf den Wortlaut des § 633 BGB a.F. stützen, der das Element der Gebrauchstauglichkeit des Werkes betonte.

Nach neuem Schuldrecht verstößt ein vorrangiges Abstellen auf die fehlende Funktionsfähigkeit jedoch gegen die gesetzliche Subsidiarität der Verwendungseignung gegenüber der Beschaffenheitsvereinbarung („soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist“)[2]. Ebenso würde verkannt, dass das im alten Recht maßgebliche Kriterium der „Minderung des Wertes oder der Gebrauchstauglichkeit“ Keilholz folgend aus dem Fehlerbegriff gestrichen wurde. Die Annahme des BGH[3] und von Teichmann[4], die DIN-Normen und die allgemeinen Regeln der Technik seien gegenüber dem fixierten Leistungsprogramm der Parteien als vorrangig vereinbart, erscheint zur Lösung dieses Problems ebenfalls nicht geeignet. Denn damit würde die Dreistufigkeit des Sachmangelbegriffes in § 633 II S. 1 und 2 BGB n.F. unterlaufen.

Peters[5] sucht die Lösung des Problems in einer einschränkenden Auslegung der Beschaffenheitsvereinbarung: Eine Leistungsbeschreibung, die ein minderwertiges Werk zur Folge hat, sei keine Beschaffenheitsvereinbarung. Mangels vertraglicher Vereinbarung einer Beschaffenheit könne sodann auf dritter Stufe auf die übliche Verwendungsmöglichkeit gemäß § 633 II S. 2 Nr. 2 BGB n.F. zurückgegriffen werden.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass weder dem Wortlaut noch der Gesetzesbegründung eine solche Einschränkung zu entnehmen ist. Vielmehr lässt § 633 BGB n.F. dem Besteller die Wahl, das gewünschte Werk mittels einer Beschaffenheitsangabe, § 633 II S.1 BGB n.F., oder über den Verwendungszweck, § 633 II S.2, Nr. 1 BGB n.F., zu beschreiben oder hiervon abzusehen, so dass die gewöhnliche Beschaffenheit und die Eignung zu gewöhnlichen Verwendungen geschuldet ist, § 633 II Nr.3 BGB n.F. Wählt der Besteller jedoch die erste Variante und beschreibt das gewünschte Werk detailliert, so bürdet er sich damit das Planungsrisiko auf, das bei einer Definition des Werkes allein über die Verwendungszwecke beim Werkunternehmer läge.

Eine Ausnahme wird man in Fällen zulassen müssen, in denen der Besteller nicht erkannte und auch nicht erkennen konnte, dass die vereinbarte Beschaffenheit zwangsläufig zu einem nicht funktionstauglichen Werk führt, und der Unternehmer diesen Irrtum zumindest unterhält. Hier sollte im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß § 242 BGB von der stillschweigenden Vereinbarung eines funktionstauglichen Werkes ausgegangen werden. Erkennt hingegen der Besteller, der Kosten sparen möchte, die Risiken der vereinbarten günstigeren Ausführungsart, so ist er nicht schutzwürdig. Letztlich handelt es sich bei dem im neuen Recht favorisierten subjektiven Fehlerbegriff um einen Ausfluss der Privatautonomie, die nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden soll.


[1] BGHZ 139, 244 (247); BGHZ 91, 206 (212f.); BGH BauR 1995, 230 (230)

[2] Demgegenüber bezweifelt Mundt NZBau 2003, S. 73 (76 f.) den Subsidiaritäts-grundsatz. Die vereinbarte Beschaffenheit und der vertragliche Verwendungszweck seien gleichwertig. Dies zeige § 633 Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F., der auf die gewöhnliche Verwendung „und“ die übliche Beschaffenheit abstelle. Dem steht jedoch die Formulierung des § 633 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. „soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist“ entgegen. So auch Palandt/Sprau (63.Aufl.), § 633 Rn.7

[3] BGHZ 139, 244 (247); BGH BauR 1995, 230 (230)

[4] Teichmann/Schröder, JZ 1999, S. 799 (800); so wohl auch Palandt/Sprau (63. Aufl.), § 633 Rn. 6

[5] Staudinger/Peters (2003), § 633 Rn. 165

Weitere Publikationen von Traudel Blecher sind zu finden unter:

Unternehmensethik wichtiger denn je – Buchausschnitt aus dem Werk von Traudel Blecher

http://iblog.at/wirtschaft/category/traudel-blecher/

Unternehmensethik wichtiger denn je – Buchausschnitt aus dem Werk von Traudel Blecher

http://wirtschaftsblog.typepad.com/blog/2013/03/unternehmensethik-wichtiger-denn-je-buchausschnitt-aus-dem-werk-von-traudel-blecher.html

Die Reform des Werkvertragsrechts von Traudel Blecher

http://wirtschaftsblog2012.wordpress.com/2013/05/08/die-reform-des-werkvertragsrechts-von-traudel-blecher/

Urteilsanmerkung Traudel Blecher

http://socialnetworksblog.wordpress.com/2013/02/21/urteilsanmerkung-traudel-blecher/

Der Begriff der zugesicherten Eigenschaft von Traudel Blecher

Die Definition des Begriffes der zugesicherten Eigenschaft bereitete im alten Werkvertragsrecht Schwierigkeiten. Es stellte sich die Frage, ob die Eigenschaftszusicherung im Kauf- und Werkvertragsrecht einheitlich zu definieren sei.
Die übereinstimmende Verwendung des Terminus „zugesicherte Eigenschaft“ in §§ 459 II, 463, 480 II, 633 und 635 BGB a.F. legte eine einheitliche Bedeutung im Kauf- und Werkvertragsrecht nahe. Jedoch  unterschieden sich  Werkvertrags- und Kaufrecht hinsichtlich der Folgen des Fehlens der zugesicherten Eigenschaft: Während gemäß § 463 BGB a.F. das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft zu einer verschuldens-unabhängigen Schadensersatzpflicht des Verkäufers führte, setzte § 635 BGB a.F. Vertretenmüssen voraus.
a. Der historische Gesetzgeber
Die Materialien zum BGB zeigen, dass der historische Gesetzgeber eine ernsthafte Beschaffenheitsangabe oder -vereinbarung als für die Bejahung einer Eigenschaftszusicherung sowohl im Kaufrecht als auch im Werkvertragsrecht ausreichend ansah. Diese Einheitlichkeit war allerdings rein terminologischer Art. In der Sache wurden an das Vorliegen einer derartigen Eigenschaftsvereinbarung unterschiedliche Anforderungen gestellt.

Die BGB-Motive zum Kaufrecht gehen davon aus, dass jede ernsthafte Beschaffenheitsangabe eine Gewährübernahme im Sinne eines rechtsgeschäftlichen Garantieversprechens darstellt. Wenn beim Stückkauf eine derartige einfache Zusicherung vorliege, sei es entbehrlich, im Einzelfall zu prüfen, ob der Verkäufer für das Vorhandensein der betreffenden Eigenschaft  einstehen wolle. Obgleich in der zweiten Lesung ein Änderungsantrag gestellt worden war, welcher zwischen einfacher Eigenschaftszusicherung und Garantieversprechen differenzieren wollte, hielt die Mehrheit der Gesetzgebungskommission an dieser Auffassung fest. Zur Begründung des Änderungsantrages war angeführt worden, dass es dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien nicht entspreche, in jeder Zusicherung einer Eigenschaft ein Garantieversprechen zu sehen. Vielmehr wolle der Verkäufer, der das Vorhandensein einer Eigenschaft zusichere, diese nur als im Sinne des Vertrages erhebliche Eigenschaft kennzeichnen und sie denen gleichstellen, deretwegen er nach § 381 II (= § 459 I BGB a.F.) zur Gewährleistung verpflichtet sei. Eine Zusicherung erfülle häufig nur den Zweck, die gesetzliche Haftung außer Zweifel zu stellen. Die Kommission wandte gegen diesen Vorschlag ein, er sei unpraktikabel und werde zu einer Vielzahl von Prozessen darüber führen, ob eine einfache oder eine qualifizierte Zusicherung gegeben sei. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folge, dass eine einfache Zusicherung zugleich als Garantieversprechen zu werten sei.
Im Werkvertragsrecht hingegen lehnte es der BGB-Gesetzgeber ab, aufgrund einer ernsthaften Beschaffenheitsangabe eine Zusicherung zu unterstellen,  denn „eine solche Unterstellung ist […] überaus gewagt im Falle der Zusicherung der Eigenschaft eines erst zu beschaffenden und noch nicht vorhandenen Werkes. Der Unternehmer, welcher eine bestimmte Eigenschaft des Werkes verspricht, übernimmt damit, von besonderen Umständen des Falles abgesehen, nur eine gewöhnliche Leistungspflicht“. Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Besteller daher nur zu, wenn der Unternehmer den Schaden zu vertreten habe, d.h. im Falle einer einfachen Zusicherung bei Verschulden, im Falle einer qualifizierten Zusicherung aufgrund des Garantieversprechens.
Es lässt sich daher festhalten: Während beim Kaufvertrag* bei Vorliegen der Eigenschaftszusicherung im Sinne einer einfachen Zusicherung zugleich das Vorliegen eines Garantieversprechens unterstellt wurde, wurde im Werkvertragsrecht zwischen der einfachen Zusicherung (§§ 633, 635 BGB a.F.) und der gesetzlich nicht geregelten Garantieübernahme differenziert.

 

Weitere Artikel von Traudel Blecher:

http://de.slideshare.net/traudelblecher/die-werkvertragliche-abweichung-von-allgemein-anerkannten-regeln-der-technik-traudel-blecher

und

http://de.scribd.com/doc/125623279/Traudel-Blecher-Auszug-Aus-Der-Dissertation-Die-Reform-Des-Werkvertragsrechts

 

 

 

*Kaufvertrag

Der Kaufvertrag besteht nach deutschem Schuldrecht aus zwei aufeinander bezogenen, inhaltlich korrespondierenden Willenserklärungen (Angebot und Annahme), durch welche sich der Verkäufer zur Übereignung (vgl. § 929 BGB) der Kaufsache durch Einigung über den Eigentumsübergang und Übergabe der Kaufsache (auch „Lieferung“ genannt) und der Käufer zur Bezahlung des Kaufpreises („Kaufsumme“) und zur Abnahme der Kaufsache verpflichtet (vgl. § 433 BGB). Kaufverträge können Rücktrittsklauseln enthalten. Es ist möglich und in der Rechtspraxis häufig, einen Kaufvertrag über einen Gegenstand abzuschließen, den der Verkäufer erst noch beschaffen muss oder der noch hergestellt und damit (umgangssprachlich) noch „bestellt“ werden muss. (Beispiel: Der Kauf eines PKW, der erst in einigen Wochen oder Monaten geliefert wird.)

 

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kaufvertrag_%28Deutschland%29

Die Reform des Werkvertragsrechts von Traudel Blecher

Der Gesetzgeber hat zum 1. Januar 2002 das Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, das über mehr als 100 Jahre weitgehend unverändert geblieben war, grundlegend umgestaltet. Dabei wurde auch das Werkvertragsrecht einer umfassenden Überarbeitung unterzogen, die zum einen durch das Bemühen motiviert war, die vielfältigen Probleme und Streitigkeiten des alten Rechts zu beheben und damit zu einer Vereinfachung der Rechtsanwendung beizutragen, zum anderen aber auch die teils systemfremden Vorgaben der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umzusetzen hatte. Folglich führte die Reform nicht nur zur klärenden Fortschreibung der Rechtstradition, sondern auch zu Brüchen mit dem bisherigen System des Schuldrechts bzw. zu Neuorientierungen, die auf den ersten Eindruck den Anschein eines Bruches erwecken.

Anlass für die Reform wurde in zweifacher Hinsicht gesehen: Zum einen wies das alte Werkvertragsrecht gewisse Schwächen auf, welche die Rechtsanwendung erschwerten; sie erklären sich mitunter daraus, dass es dem Werkvertrag, wie er von den Vätern des BGB geschaffen wurde, an historischen Vorbildern fehlte. Hierbei herrschte trotz der Vielzahl der Problemfelder und der diesbezüglich geäußerten Kritik seitens der Literatur keineswegs Einigkeit, ob diese einer Lösung durch den Gesetzgeber zuzuführen seien, und bejahendenfalls, in welchem Umfang eine Reform erforderlich sei.

Europäisches Parlament
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Zum anderen musste die am 25.5.1999 vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union erlassene europäische Richtlinie 1999/44/EG „zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter“, welche die Verbraucherrechte bei Lieferung nicht vertragsgemäßer Ware europaweit vereinheitlichen sollte, bis zum 31.12.2001 in nationales Recht transformiert werden. Zwar gilt die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nach deren Art. 1 IV unmittelbar nur für Kaufverträge und für solche Verträge, welche die Lieferung noch herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter betreffen, und zwar nach deren Wortlaut unabhängig davon, ob der Unternehmer oder der Besteller den Stoff liefert – mithin einen Unterfall des in § 651 BGB a.F. geregelten Werklieferungsvertrages, der im neuen Recht dem Kaufrecht zugeordnet wird, § 651 BGB n.F. Werkverträge im eigentlichen Sinne (Verträge über die Bearbeitung von dem Besteller gehörenden Sachen, über unkörperliche Werke sowie die Herstellung unbeweglicher Sachen) fallen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Da das Kaufrecht jedoch – zumindest im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs – den Richtlinienvorgaben angepasst werden musste und zugleich eine Vereinheitlichung der Gewährleistungsvorschriften von Kauf- und Werkvertragsrecht wegen sonst auftretender Systembrüche und Wertungswidersprüche angestrebt wurde, sah der Gesetzgeber eine umfassende Angleichung des Werkvertragsrechts an die Richtlinienvorgaben als erforderlich an. Die Richtlinie entfaltete insoweit „Fernwirkung“, wenngleich ein europarechtlich zwingender Umsetzungsbedarf  nicht bestand.

Weitere Inhalte von Traudel Blecher:

http://www.sbnet.de/unternehmensethik-wichtiger-denn-je-buchausschnitt-aus-dem-werk-von-traudel-blecher/

Abweichung von der allgemein anerkannten Regeln der Technik von Traudel Blecher

Traudel Blecher

Umfassende Aufklärungspflicht des Architekten

 

Paragraph

In der Praxis kommt es öfters vor, dass eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführungsart gewählt wird. Wie riskant für den Architekten eine solche Abweichung sein kann, zeigt ein Urteil der jüngeren Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Münchens (OLG München, Urteil vom 14.04.2010 – 27 U 31/09; bestätigt durch BGH, Beschluss vom 14.06.2012 – VII ZR 75/10).
Der Architekt darf sich nicht darauf beschränken, dem Auftraggeber die Unterschiede zwischen der herkömmlichen Herstellung und der davon abweichenden Ausführungsart zu erläutern. Vielmehr muss er umfassend darüber aufklären, welche Risiken und Folgen eine nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Planung mit sich bringen kann. Hat der Auftraggeber den Planer als Sonderfachmann hinzugezogen, ist eine solche Aufklärung auch dann erforderlich, wenn der Auftraggeber selbst fachkundig ist.

 

weiterführende Hinweise:

Traudel Blecher, die werkvertragliche Abweichung von den Allgemein anerkannten Regeln der Technik [LINK ZUM PDF]

Traudel Blecher, Die Reform des Werkvertragsrechts vor dem Hintergrund der europäischen Richtlinie 1999/44/EG