Der Gesetzgeber hat zum 1. Januar 2002 das Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, das über mehr als 100 Jahre weitgehend unverändert geblieben war, grundlegend umgestaltet. Dabei wurde auch das Werkvertragsrecht einer umfassenden Überarbeitung unterzogen, die zum einen durch das Bemühen motiviert war, die vielfältigen Probleme und Streitigkeiten des alten Rechts zu beheben und damit zu einer Vereinfachung der Rechtsanwendung beizutragen, zum anderen aber auch die teils systemfremden Vorgaben der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umzusetzen hatte. Folglich führte die Reform nicht nur zur klärenden Fortschreibung der Rechtstradition, sondern auch zu Brüchen mit dem bisherigen System des Schuldrechts bzw. zu Neuorientierungen, die auf den ersten Eindruck den Anschein eines Bruches erwecken.
Anlass für die Reform wurde in zweifacher Hinsicht gesehen: Zum einen wies das alte Werkvertragsrecht gewisse Schwächen auf, welche die Rechtsanwendung erschwerten; sie erklären sich mitunter daraus, dass es dem Werkvertrag, wie er von den Vätern des BGB geschaffen wurde, an historischen Vorbildern fehlte. Hierbei herrschte trotz der Vielzahl der Problemfelder und der diesbezüglich geäußerten Kritik seitens der Literatur keineswegs Einigkeit, ob diese einer Lösung durch den Gesetzgeber zuzuführen seien, und bejahendenfalls, in welchem Umfang eine Reform erforderlich sei.
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Zum anderen musste die am 25.5.1999 vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union erlassene europäische Richtlinie 1999/44/EG „zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter“, welche die Verbraucherrechte bei Lieferung nicht vertragsgemäßer Ware europaweit vereinheitlichen sollte, bis zum 31.12.2001 in nationales Recht transformiert werden. Zwar gilt die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nach deren Art. 1 IV unmittelbar nur für Kaufverträge und für solche Verträge, welche die Lieferung noch herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter betreffen, und zwar nach deren Wortlaut unabhängig davon, ob der Unternehmer oder der Besteller den Stoff liefert – mithin einen Unterfall des in § 651 BGB a.F. geregelten Werklieferungsvertrages, der im neuen Recht dem Kaufrecht zugeordnet wird, § 651 BGB n.F. Werkverträge im eigentlichen Sinne (Verträge über die Bearbeitung von dem Besteller gehörenden Sachen, über unkörperliche Werke sowie die Herstellung unbeweglicher Sachen) fallen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Da das Kaufrecht jedoch – zumindest im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs – den Richtlinienvorgaben angepasst werden musste und zugleich eine Vereinheitlichung der Gewährleistungsvorschriften von Kauf- und Werkvertragsrecht wegen sonst auftretender Systembrüche und Wertungswidersprüche angestrebt wurde, sah der Gesetzgeber eine umfassende Angleichung des Werkvertragsrechts an die Richtlinienvorgaben als erforderlich an. Die Richtlinie entfaltete insoweit „Fernwirkung“, wenngleich ein europarechtlich zwingender Umsetzungsbedarf nicht bestand.
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